Text für den Ausstellungskatalog „An der Baumgrenze“, Asperger Gallery, 1995

Wild wächst die Blume meines Zorns
und jeder sieht den Dorn
der in den Himmel sticht
daß Blut aus meiner Sonne tropft
es wächst die Blume meiner Bitternis
aus diesem Gras
das meine Füße wäscht

Thomas Bernhard*

HELMA Petrick stellt ihre Bilder, mit denen sie die Ausstellung unserer Galerie beschickte, unter den Schutz der Lyrik von Thomas Bernhard (1931- 1989). Dem von ihr gestalteten Katalog gibt sie den Titel „An der Baumgrenze“, den Titel einer Erzählung des Dlchters, erschienen 1969 in Salz-burg. Sie leitet den Katalog mit einem Gedicht ein, das einen besonderen Glanz und Kontrast von Sprache und Metapher in sich birgt.

Die Künstlerin schreitet in ihren Bildern einen Grenzbereich ab. Wach, hellwach und ohrenbe-täubend still. Die Anmut, mit der das geschieht, mag den Betrachter verzaubern. Dle subtile Morbidität mag verwirren. Was fasziniert, ist der Widerspruch zwischen Emblemata wie Herz, Kreuz, Schlange, Vene und dem Ausdruck der malerischen Geste. Die Frage nach der Bedeutung der Kunstwerke tritt in den Vordergrund. Bedeutungen könnten wohl in dem Grenzbereich zu finden sein, wo die allegorischen Denkbilder an die un-gezähmte Malerei, den freien Farbraum stoßen, oder auch an der Stelle, an der HELMA’s ästhetische Welt autobiographisches und literarisches Terrain betritt: Fixpunkte im Grenzbereich zwi- schen Emblem und Poesie des Malens. HELMA’s Bilder sind wie Spiele an der Baum- grenze und „Hinter den Bäumen“ *. Deshalb schließt ihr Werk an eine Dichtung an, die die Su- che nach einer Wahrheit ohnegleichen aufnahm, die Suche nach der „lnnenwelt der Außenwelt der lnnenwelt“ (Handke).

* Auszug aus Thomas Bernhard: Gesammelte Gedichte, S 127, Herausgegeben von V. John, Suhrkamp 1991
* Auszug aus Thomas Bernhard: Erzählungen, S. 102, Suhrkamp Taschenbuch 1988